Seit gut zwei Jahren betreibt Ihr in der Kochstraße den “Unverpackt”-Laden, der von Woche zu Woche voller wird. Ich bin selbst von Anfang an überzeugte unverpackt-Käuferin und Fan von Eurem Laden. Ihr passt einfach gut in meine neue Reihe “Gutes (Online-) Marketing”, das für mich mehr beinhaltet als Werbemaßnahmen – offline und online.
1. Was hat Euch und Eurem Laden Aufmerksamkeit gebracht? Wie seid ihr bekannt geworden?
Unsere Crowd-Funding-Kampagne im Dezember 2015 und die fast gleichzeitige Eröffnung des unverpackt-Ladens “echt unverpackt” in der Könneritzstraße Anfang 2016. Die LVZ hatte über beide Neueröffnungen berichtet. Außerdem hat schon immer Social Media eine große Rolle gespielt. Ca. ein ¾ Jahr vor Eröffnung haben wir mit der Facebook-Gruppe “plastikfrei in Leipzig” bereits ein bisschen Marktforschung betrieben und die Leipziger sensibilisiert für unser Thema. Seit der Eröffnung ist es ganz viel Mundpropaganda. Wir freuen uns über die Weiterempfehlungen unserer zufriedenen Kunden.
2. Für mich wart ihr im richtigen Moment an der richtigen Stelle gewesen. Ihr habt Eure eigene Leidenschaft und den Zeitgeist geschickt kombinieren können und seid scheinbar sehr Einfach zum Geschäftserfolg gekommen. War es wirklich so einfach?
Nein, das nicht, schließlich mussten wir uns beide in eine neue Materie hineinarbeiten. Aber an einigen Stellen hatten wir gute Voraussetzungen: Pierre ist die Arbeit mit Lebensmitteln und Hygienestandards als Koch gewohnt und hat in der Gastronomie schon eine hohe Stressresistenz erworben. Zur Vorbereitung waren wir bei einem Seminar von Original Unverpackt in Berlin. So wussten wir an vielen Stellen schon, was auf uns zukommt. Wir haben zum Beispiel aus der Erfahrung der Anderen gelernt und keine große Eröffnungsfeier gemacht, so konnten wir uns in aller Ruhe an den steten Zuwachs an Kunden gewöhnen.
Christin ist bei uns die Marketing-Expertin, so dass wir von Anfang an ein rundes Konzept hatten mit einer längeren Vorbereitungsphase und erst als alles stimmig war, haben wir am 16. Mai 2016 eröffnet.
3. Ihr habt 51 positive Google-Rezensionen. Wie habt ihr das gemacht?
Wir leben unser Konzept, vor allem Pierre, und das merken die Leute. Sein Enthusiasmus ist einfach ansteckend. Und dann ist es natürlich wichtig, immer nett und freundlich zu sein, auf die Leute zuzugehen und Ihnen die Angst nehmen, was falsch zu machen. Wir sind immer ansprechbar und haben viele Stammkunden. Die älteren Leute schätzen das Persönliche bei uns und melden sich sogar ab, wenn sie in den Urlaub fahren. Unser kostenloser Abfüllservice wird interessanterweise noch kaum genutzt.
Gutes Marketing beginnt bei mir beim Produkt. Ich kann zum Beispiel keinen Kunden betreuen von dessen Produkt/ Leistung ich nicht überzeugt bin. In Eurem Laden finde ich die Kombination vom Konzept “unverpackt” und das Vorstellen neuer (regionaler) Produkte einfach genial. Früher habe ich mir mal einen Bio-Laden gewünscht, der seine Produkte erklärt und den Kunden zeigt, was man damit machen kann.
4. Ich finde, da seid ihr sehr nah rangekommen. Wie entstand diese Idee?
Wir haben selbst Freude daran, nach neuen Produkten und Möglichkeiten zu suchen, auch wenn das viel Zeit in Anspruch nimmt. Wir haben mit 250 Produkten angefangen und sind jetzt bei über 600. Teilweise liefern auch unsere Kunden die Ideen, denen noch etwas fehlt im Sortiment. Der Vorteil des Unverpackt-Ladens ist ja auch, dass man kleine Mengen probieren kann, von etwas das man noch nicht kennt. Letztendlich nehmen wir nur Dinge ins Sortiment auf, von denen wir selbst überzeugt sind.
Zusammengefasst kann man sagen: Wir verhalten uns so, wie wir es in anderen Läden vermisst haben und wollen am liebsten zu jedem Produkt eine Geschichte erzählen können. Wir machen vieles möglich und freuen uns, wenn das Einkaufen in unserem Laden zum Erlebnis wird.
5. Zurück zum Thema: Was genau tut ihr im Bereich Marketing? Was hatte die meisten Erfolge und was war ein Flop?
Den Anfang machte die Crowd-Funding Kampagne, bei der wir auch tatsächlich etwas mehr als die anvisierten 20.000 EUR erhalten haben. Dann gab es anfangs jedoch etwas Kuddelmuddel mit der fast zeitgleichen Eröffnung des unverpackt-Ladens auf der Könneritzstraße. Die Leute sind aufgrund des ähnlichen Namens durcheinander gekommen und wussten teilweise gar nicht, welchen Laden sie jetzt mit Geld unterstützt hatten. Das war etwas schwierig, aber kein großes Problem, da jeder Laden ja in einem anderen Stadtteil lag und Leipzig durchaus genug Kunden für zwei unverpackt-Läden hat.
Auch von Anfang an waren wir in den Sozialen Medien unterwegs, um auf das Thema und die Crowd-Funding-Kampagne aufmerksam zu machen. Aktuell nutzen wir hauptsächlich Facebook und Instagram. Und dann haben wir Flyer gedruckt, weil die Leute gern was für Freunde und Bekannte mitnehmen, wie gesagt wir leben hauptsächlich von der Weiterempfehlung der zufriedenen Kunden.
6. Was wünscht Ihr Euch in der Zukunft? Habt Ihr Visionen?
Gerade sind wir mit dabei bei der Gründung eines Vereins aller unverpackt-Läden in Leipzig. Von so einem Zusammenschluss versprechen wir viel Synergien. So können wir manche Lieferanten einfacher überzeugen, uns mit unseren Bedürfnissen zu beliefern. Gern besuchen wir auch andere Läden, wenn wir unterwegs sind, um uns inspirieren zu lassen. Ansonsten machen wir einfach weiter so: ein langsames gesundes Wachstum mit einem netten Team, so dass die Arbeit weiter Spaß macht.